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DAS RÄTSEL DES SILBERNEN HALBMONDES

(„Sette orchidee macchiate di rosso“, Italien/Deutschland 1972) R: Umberto Lenzi

Eine junge Frau wird brutal ermordet, bei der Leiche findet man einen silbernen Halbmond vor. Da die Dame der Straßenprostitution nachging, hält die Polizei die Tat zunächst nicht für besonders auffällig. Doch bald kommt es zu weiteren Morden -die nichts mit dem gefährlichen Milieu zu tun haben- bei denen der Killer stets einen silbernen Halbmond zurücklässt. Auch Giulia (Uschi Glas) wird zum Ziel des Unbekannten. Während einer Bahnreise wird sie im Schlafwagen attackiert und niedergestochen. Doch Giulia hat Glück, sie überlebt den Anschlag mit relativ harmlosen Verletzungen. Um den Täter von seinem Erfolg zu überzeugen, sowie die Überlebende zu schützen, berichtet die Presse vom Tod des Opfers, man inszeniert sogar eine standesgemäße Beerdigung. Mario (Antonio Sabato), der Ehemann Giulias, vertraut nicht auf die Fähigkeiten der Polizei, er beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Tatsächlich scheint Inspector Vismara (Pier Paolo Capponi) nicht der fähigste Kriminalist zu sein, seine Mitarbeitet hinterlassen ebenfalls nicht den besten Eindruck. Die privaten Forschungen fördern bald erste Spuren und Ansätze zu Tage. Es scheint ein Zusammenhang mit dem Hotel zu geben, welches Guilia nach dem Tod ihres Vaters verkaufte. Alle bisherigen Opfer waren zu einem bestimmten Zeitpunkt Gäste oder Angestellte des Hotels. Trotz aller Bemühungen verrichtet der Killer weiterhin sein Werk, während die sich die Polizei wenig angetan von den Bemühungen Marios zeigt. Wer kann das unselige Treiben des Psychopathen stoppen...???
Das Rätsel des silbernen Halbmondes
Nun ist es also vollbracht, alle 32 Edgar Wallace Verfilmungen von Rialto sind in den letzten Monaten in meinen Klauen gelandet. Dazu noch die vier Wallace Krimis von anderen Produzenten, macht insgesamt 36x gute, sehr gute und prächtige Krimiunterhaltung, dazu auch ein wenig Mittelmaß, wirkliche Ausfälle sind nicht zu vermelden. Ungefähr zeitgleich mit "Das Geheimnis der grünen Stecknadel", wurde "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" im Herbst 1971 produziert. Obwohl "Halbmond" ein wenig früher abgedreht war, erreichte "Stecknadel" die deutschen Kinoleinwände etwas früher (März 1972). Der Halbmond ging Ende Juni 1972 in den einheimischen Kinosälen auf, es sollte leider der letzte Film dieser herrlichen Reihe sein. Genau wie "Stecknadel", wird "Halbmond" heute dem Giallo zugerechnet. Während man in Deutschland den "klassischen" Wallace Filmen der frühen Phase mehr Bedeutung zugesteht, sind die Gialli in einigen anderen Staaten beliebter. Dies verrät ein Blick auf die Verfügbarkeit diverser DVD-Veröffentlichungen, denn "What have you done to Solange?" (Stecknadel) und "Seven Blood-Stained Orchids" (Halbmond), sind sogar in den USA längst in digitaler Form erhältlich. Wer "Stecknadel" ungekürzt genießen möchte, ist gar auf den Import aus Italien, Großbritannien oder den USA angewiesen.
Doch wenden wir uns nun dem silbernen Halbmond zu, den der bewährte Umberto Lenzi gekonnt in Szene setzte. Lenzi fügte dem Giallo weitere Perlen hinzu, doch den meisten Fans des italienischen Genrekinos ist er wegen seiner durchschlagenden Polizei-/Gangsterfilme ein Begriff, auch einige Horror-/Kannibalenfilme gehen auf sein Konto. Wo "Stecknadel" noch dank des Schauplatzes (London) ein Band zu den früheren Wallace Filmen besaß, schneidet "Halbmond" auch diese Verbindung konsequent ab. Als Kulissen dienen hier Rom und das wunderschöne Spoleto, wir bekommen gewissermaßen "Italien pur" auf die Augen. Überhaupt halte ich den Film für keinen verkehrten Einstieg in die faszinierende Welt des Giallo, das "Vorglühen" mit den Wallace Beiträgen könnte (für aufgeschlossene Zuschauer) durchaus dabei hilfreich sein. Da Rialto Film als Geldgeber mit im Spiel war, muss man sich zwar mit Uschi Glas in der weiblichen Hauptrolle abfinden, doch sie fällt zumindest nicht negativ auf. Den größten Teil der Arbeit übernimmt sowieso Antonio Sabato, der eine ansprechende Leistung zur Schau stellt. Seine Figur ist recht kernig angelegt, daher mag man ihm den "Modeschöpfer" nicht ganz abnehmen. Aber was soll’s, warum Klischees nicht einfach aufbrechen? Uschi Glas war damals sehr populär, da wundert es nicht, wenn man sie aus deutscher Sicht gern in der weiblichen Hauptrolle sah. Nun reizt es mich natürlich sehr, sie wieder mit Vorwürfen bezüglich ihrer Nähe zur Champignin Soßen Union zu überziehen. Ich will es dieses eine Mal unterlassen, in der schwarzbraunen Schleimbrühe haben schließlich schon ganz andere Zeitgenossen gerührt. Frau Glas spielt ihren Part mit Routine, leider aber auch mit der gewohnten Biederkeit. In einem Giallo erwartet man schöne Frauen, nackte Haut und Verdorbenheit. In diesen Disziplinen muss die Glas erwartungsgemäß passen. Doch belassen wir es dabei, sie spielt ihre Rolle (zu) anständig. Die Nebenrollen konnte man mit interessanten Gesichtern besetzen. Pier Paolo Capponi überzeugt als Ermittler, er ist mir noch aus dem sehr schönen Ercoli Giallo "Frauen bis zum Wahnsinn gequält" (Le foto proibite di una signora per bene, 1970) in guter Erinnerung. Attraktive Damen gibt es in der zweiten Reihe zu sehen, z.B. Marina Malfatti und Petra Schürmann. Dank Uschi Glas kommt mir plötzlich sogar Marisa Mell anziehend vor, die hier die beste der kleineren Rollen erwischt hat. Zusammenfassend möchte ich das Ensemble als respektabel bezeichnen, wirkliche Glanzlichter sind nicht zu finden. Bevor ich es unterschlage: Nebendarstellergesichtsruinenknuffel Nello Pazzafini ist auch dabei, die Polizei fühlt ihm mit Nachdruck auf den schweißnassen Zahn (wie zum Geier soll das funktionieren, Herr Blap?).
Zuvor war von "Italien pur" bezüglich der Kulissen die Rede. Dies setzt sich bei den weiteren Zutaten munter fort. Die Kamera von Angelo Lotti zeigt sich sehr lebhaft, manchmal fast ein wenig vorwitzig. Dazu der wundervolle Score von Riz Ortolani, nicht zuletzt die Regie von Umberto Lenzi, dessen Bedeutung für das italienische Genrekino selbst seine Kritiker nicht wegdiskutieren können. Selbstverständlich schaute ich mir beide Fassungen des Films an, denn auf der DVD von Universum sind glücklicherweise beide Versionen vorhanden (Die (gekürzte) deutsche Kinofassung, ergänzend die internationale Langfassung). Während bei "Stecknadel" durch die Schnitte hauptsächlich ein Teil der Atmosphäre und Tiefe verloren gingen, wird "Haldmond" durch die Kürzungen noch stärker beschädigt. Obwohl auch "Stecknadel" Gewaltschnitte auswies, funktionierten die entsprechenden Szenen trotzdem noch. Bei "Halbmond" wirken die Morde nun völlig zerfahren, im wahrsten Sinne des Wortes "zerschnitten". Man sollte auf jeden Fall beide Fassungen gesehen haben, wobei der ungekürzten Version ganz klar der Vorzug zu gewähren ist. Auf die deutsche Synchronisation muss man bei Sichtung der ungekürzten Fassung verzichten, der Film liegt nur auf englisch vor, es sind aber deutsche Untertitel vorhanden. Das Bild ist bei der deutschen Kinofassung etwas besser, die internationale Fassung ist ein wenig zu dunkel geraten, insgesamt aber brauchbar.
"Das Rätsel des silbernen Halbmonds" ist in der achten "Edgar Wallace Edition" enthalten. Diese bietet ferner folgende Titel an:
  • Der Mann mit dem Glasauge
  • Das Gesicht im Dunkeln
  • Die Tote aus der Themse
  • Das Geheimnis der grünen Stecknadel
Insgesamt eine schöne Box, welche die "Spätphase" der Wallace Filme von Rialto beleuchtet. Leider sind "Das Gesicht im Dunkeln" und "Das Geheimnis der grünen Stecknadel" nicht ungekürzt enthalten, lediglich die deutschen Kinoversionen haben es auf die DVDs geschafft. Dieser Makel lässt sich mit Import-DVDs beheben, was in der heutigen Zeit kein Problem mehr darstellen sollte. So verdient sich auch die achte Box eine klare Empfehlung, obwohl man zwei Kröten schlucken muss.
Nach 32 Rialto Filmen (und vier "Fremdproduktionen") ergreift mich eine tiefe Zufriedenheit, der Gedanke an viele schöne Nächte mit diesen Filmschätzen. Einige Filme begleiten mich bereits seit meiner Kindheit, andere hatte ich erst einmal gesehen, fast schon wieder vergessen, manche schaute ich erst jetzt zum allerersten Mal. Jeder einzelne Filme macht mir Freude, selbst der Bodensatz wie "Der Rächer" oder "Die Gruft mit dem Rätselschloss" hatte seine Reize. Ein wenig Wehmut ist nicht zu leugnen, denn nun ist die große "Erstsichtung-der-DVDs" Sause vorüber. Blicke ich auf die selbsterstellte "Rangliste", offenbart diese einige Überraschungen, aber auch schon fast erwartungsgemäße Platzierungen.
Danke für die schönen Stunden! ...ihr seid freilich nicht vor meinem erneuten Zugriff sicher, zu auffällig ist eure Unterbringung im DVD-Regal, in meinen Gedanken... ...und vor allem in meinem Herzen!
Bleiben nur noch die Zahlenwertung und das Lieblingszitat, dann geht eine Ära der Freude (vorläufig) zu Ende. Einige Wallace Fans mögen "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" skeptisch beäugen, ich rate dieser Personengruppe zum mutigen "Neuversuch". Wer den Giallo liebt, wird "Haldmond" sicher längst gesehen haben, vermutlich auch zu schätzen wissen. Für mich ist der Film ein guter bis sehr guter Vertreter des Genres !und! ein würdiger Abschluss der Wallace Reihe!
Gut bis sehr gut = 7,5/10
Lieblingszitat:
"Hast du Pilze im Ohr? Ich sag dir, er ist nicht da!"
-Blap -





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