Filmclub Bali
   
 

FRAUENGEFÄNGNIS

(„Barbed Wire Dolls“, Schweiz 1975) R: Jess Franco

Stockhiebe und Stromschläge

Die Direktorin (Monica Swinn) eines Frauenzuchthauses führt ein strenges Regiment, harte Bestrafungen und Folter gehören für die Insassinnen zum schrecklichen Alltag. Carlos Costa (Paul Muller) fungiert als williges Helferlein der sadistischen Chefin, der ehemalige Krankenpfleger gibt sich -geduldet von der Direktorin- als Arzt aus, behandelt die Frauen gemäß seiner persönlichen Vorlieben. Auch Maria (Lina Romay) muss ihre Strafe in dieser Hölle auf Erden antreten, sie wurde als Mörderin des eigenen Vaters verurteilt. Schnell lernt Maria die Grausamkeit der Verantwortlichen kennen, nach ausgiebiger "Stromtherapie" steckt man die junge Frau zu Pompadour (Peggy Markoff) und der wirren Rosario (Beni Cardoso). Pech für die bisherige Zellenbewohnerin Bertha (Martine Stedil), die nun ihrerseits in die Foltermühle der Direktorin gerät. Sehr unangenehm, denn Frau Direktorin und ihr schleimiger Erfüllungsgehilfe sind momentan ausgesprochen nervös. Ein Beschwerdebrief aus den Reihen der Gefangenen erreichte den Gouverneur, nun warnt der Inselboss vor eventuellen Maßnahmen seitens höherer Schaltstellen…
Frauengefängnis
Jess Franco war in vielen Genres aktiv, seine Beiträge zum Thema WIP (Women in Prison) sollten Freunde dieser Gangart ansprechend unterhalten. Hier mangelt es nicht an nackten Tatsachen und geschmacklosen Gewaltdarstellungen, allerdings drückt Franco beim Thema Sex das Gaspedal nur halb durch. Ausufernde Rödelszenen sind nicht zu finden, schlichte Nacktheit mit gepflegt bärigen Momenten (Fingerspiele inklusive) dominiert das Spielfeld der Gelüste. Laut Vorspann entstanden die Außenaufnahmen in Honduras, uns erwartet daher ein recht malerisches Umfeld, der übliche Kontrast zwischen Knast-Terror und anmutiger Landschaft. Jess Franco setzt geschickt Ausrufezeichen, so mutet ein Geständnis der perversen Direktorin überraschend an, eine aus dem Nichts kommende Ab­s­t­ru­si­tät, wundervoll. In einer Rückblende sehen wir Lina Romay und Jess Franco, der liebe Jess taucht als Linas Filmvater auf, in Zeitlupe taumelt man dem Abgrund entgegen. Bizarr und nachhaltig wirkend, irgendwo zwischen großer Kunst, Schund und Schludrigkeit, dafür liebe ich Jess Franco! Damit nicht genug, den dicksten Paukenschlag gibt es pünktlich zum Finale. Wie eine Dampframme wühlt die Boshaftigkeit in meinen Eingeweiden, meine arme Lina, böser Jess!
Lina Romay verstarb leider im Februar 2012, Francos Muse und Frau erlag im Alter von nur 57 Jahren einem Krebsleiden. Wie üblich zeigt sich Lina freizügig, bleibt über weite Strecken erstaunlich passiv und wird durch den Wolf gedreht. Mhhm, ich hänge an ihren Augen und sämtlichen Lippen, was für eine Frau! Martine Stedil ist ein mehreren Franco-Streifen der "Dietrich-Phase" zu sehen (Jess Franco drehte in den Jahren 1975-77 für den Schweizer Produzenten Erwin C. Dietrich), an Linas Seite ist die hübsche Blodine eine reizende Bereicherung. Monica Swinn sorgt als Direktorin für manchen Schmunzler, korrekte Dienstkleidung besteht aus Hot Pants oder Dessous, durchs Monokel starrt das Auge des Schreckens auf die übrigen Damen herab. Peggy Markoff öffnet ausdauernd ihre Schenkel, kommt aber unglücklicherweise nicht so recht zum Zuge, das Knastleben ist hart und trocken. Beni Cardoso klappert im Wahn durch das Treiben, Gesichtsruine Eric Falk gibt den lüsternen Folterknecht (zum Glück bleibt uns diesmal der Anblick seines kleinen Freundes erspart). Paul Muller gehört sowieso zum Inventar, linkisch und gleichzeitig verschlagen schleimt und schlottert er umher. Damit genug zu den Damen und Herren vor der Kamera, Francos kleinen Auftritt habe ich bereits gewürdigt, knuffiger Taumel des Todes.
"Frauengefängnis" brennt ein Feuerwerk geschätzter Klischees ab, pfiffige Einschübe und das barsche Ende sorgen für zusätzliche Würze. Stimmungsvolle Musik untermalt den Streifen, die Kamera wurde vom Chef persönlich bedient, Jess Franco liebt die Frauen und ich liebe Jess Franco. 77 Minuten wie ein Wimpernschlag, die Sause drückt zu jeder Zeit die richtigen Knöpfe in meiner Schaltzentrale. Wer mit Francos Schaffen nicht viel anfangen kann und WIP sowieso nicht zu schätzen weiß, der findet hier keinen geeigneten Einstieg in die prächtige Welt des Spaniers.
Neben "Frauengefängnis" enthält die Box sieben weitere Ergüsse des umtriebigen Filmemachers (allesamt Erwin C. Dietrich Produktionen):
  • Jack the Ripper
  • Blue Rita (Das Frauenhaus)
  • Love letters of a portuguese Nun (Die Liebesbriefe einer portugiesischen Nonne)
  • Ilsa the wicked Warden (Greta - Haus ohne Männer)
  • Women in Cellblock 9 (Frauen für Zellenblock 9)
  • Voodoo Passion (Der Ruf der blonden Göttin)
  • Wicked Women (Frauen ohne Unschuld)
Für Fans Plicht, mutige Einsteiger dürfen ebenfalls zugreifen.
Guter WIP-Stoff. Kein Fall für die Franco-Spitze, für dicke 7/10 reicht es locker.
Lieblingszitat:
"Deine Haut macht mich heiß wie Pfeffer!"


Blap





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